Leseprobe

noblesse oblige · Abschied einer Legende

Es ist rund sieben Jahre her, dass das Plattenlabel RCA seinem größten Gitarrenkünstler Julian Bream eine »Classical Guitar Anthology« widmete, die nahezu sein gesamtes Lebenswerk des auf dem Label Red Seal veröffentlichten Aufnahmen zwischen 1959 und 1990 repräsentiert. 40 CDs und zwei DVDs geben einen fast lückenlosen Überblick über eine Künstlerkarriere, die nicht nur von der Intensität her beispiellos ist, sondern auch von der permanenten Präsenz, mit der Bream ein Weltpublikum von seinem Instrument überzeugte. Als Leitfaden enthält die Collection ein dickes dreisprachiges Buch mit allen Details. Die grüne Leinen-Box darf heute als Vermächtnis von Julian Bream gelten, die praktisch jede musikalische Phase des Engländers dokumentiert. Und er war in durchaus sehr unterschiedlichen Musikbereichen tätig. Er wird uns und hoffentlich auch nachfolgenden Generationen gegenwärtig bleiben und ein Beispiel geben, dass das, was bei der Gitarre häufig bedauert wird, bei Bream kongruent ist: Er hat die Gitarre zu einem im klassischen Musikgeschehen ebenbürtigen Musikinstrument erhoben und ein wenig ihre eitle Selbstgefälligkeit geglättet. Parallel dazu hat Bream der verloren geglaubten Laute wieder einen angemessenen Stellenwert im Musikleben erspielt. Und das weltweit!
Es gab in dem mehr als ein halbes Jahrhundert währenden musikalischen Wirken von Bream kaum eine wahrnehmbare Zäsur. Er kam beispielsweise mit einer fast pflichtbesessenen Zuverlässigkeit einmal jährlich in die Hansestadt Hamburg (und ergo auch anderswo hin), um die großen Säle mit seinem kleinen Instrument - anfangs teilte er seine Programme je zur Hälfte für Gitarre und Laute auf - und seiner unnachahmlichen Musikalität zu füllen:


»Ich kann meinen „sound“, den ich auf der Gitarre erzeuge, nicht erklären, und deshalb mache ich ihn ja auch auf der Gitarre. Er ist durch Sprache nicht auszudrücken, er ist nur zu empfinden mit einem Herzen für Musik.«

Dieses Zitat aus einem Interview bringt auf den Punkt, was die Musikerpersönlichkeit von Julian Bream ausmacht: vollkommene Individualität, die selbst für diejenigen, die heutzutage nicht (mehr) mit allem einverstanden sind, was der Engländer gespielt hat - vor allem wie er es gespielt

Den vollständigen Artikel lesen Sie in Gitarre aktuell 141-II/20 S. 12-16 zurück zum Inhalt